Rechtliches • EMS-Training
Rechtsleitfaden EMS-Training
Überblick
Nachstehend finden Sie einen kompakten Überblick über die Neuerungen der „Strahlenschutzverordnung“ NiSV, welche am 19. Oktober 2018 vom Bundesrat verabschiedet wurde und am 31.12.2020 in Kraft getreten ist. Ab dem 31.12.2022 gelten zudem neue Regelungen zur Erlangung der Fachkunde. Zusätzlich gelten für EMS-Betreibende die Anforderungen aus dem Medizinproduktegesetz und der Medizinproduktebetreiberverordnung, da nach neuesten Erkenntnissen EMS-Geräte per Gesetz als Medizinprodukte einzustufen sind.
Ergänzend weisen wir an dieser Stelle auch auf die DIN 33961-5 hin, in der wichtige Qualitäts- und Sicherheitsstandards für das EMS-Training verankert sind. Im Gegensatz zu den aufgeführten Anforderungen ist die Anwendung von Normen grundsätzlich freiwillig. Normen sind nicht bindend, das unterscheidet sie von Gesetzen. Aber wer Normen – als anerkannte Regeln der Technik – anwendet, kann ein korrektes Verhalten im Haftungsfall einfacher nachweisen.
Rechtsgrundlagen
Verordnung zum Schutz vor schädlichen Wirkungen nichtionisierender Strahlung bei der Anwendung am Menschen (NiSV)
NiSV §2 (2) Nr. 7: Im Sinne dieser Verordnung ist elektrische Muskelstimulation: Die Stimulation der Körpermuskulatur mit Stromimpulsen durch am Körper angebrachte Elektroden.
Medizinproduktegesetz (MPG) und Medizinproduktebetreiberverordnung (MPBetreibV)
MPG §2 Nr. 2: Dieses Gesetz gilt für das Anwenden, Betreiben und Instandhalten von Produkten, die mit der Zweckbestimmung eines Medizinproduktes im Sinne der Anlage 1 der Medizinproduktebetreiberverordnung eingesetzt werden. Sie gelten als Medizinprodukte im Sinne dieses Gesetzes.
MPBetreibV Anlage 1: Zur Erzeugung und Anwendung elektrischer Energie zur unmittelbaren Beeinflussung der Funktion von Nerven und/oder Muskeln. Unter diese Definition fallen u.a.: Muskelstimulatoren, Reizstromtherapiegeräte, TENS-Geräte.
MPBetreibV §2 Nr. 2: Als Betreiber gilt auch, wer außerhalb von Gesundheitseinrichtungen in seinem Betrieb, oder seiner Einrichtung, oder im öffentlichen Raum Medizinprodukte zur Anwendung bereithält.
MPG §3 Nr. 1c: Medizinprodukte sind Apparate zum Zwecke, der Veränderung des anatomischen Aufbaus.
Übersicht
(1) Meldepflicht (NiSV)
Ab dem 31. Dezember 2020 gilt für die gewerbliche Anwendung von Anlagen, die nichtionisierende Strahlung (zum Beispiel Laser, intensives Licht, Hochfrequenz, Elektrostimulation, Ultraschall) zu kosmetischen und sonstigen nicht medizinischen Zwecken am Menschen nutzen, eine Meldepflicht. Betreibende haben der zuständigen Behörde den Betrieb der Anlage spätestens zwei Wochen vor Inbetriebnahme anzuzeigen. Wird eine Anlage am 31. Dezember 2020 bereits betrieben, hat die Anzeige bis zum Ablauf des 31. März 2021 zu erfolgen.
Unter folgendem Link können Sie die zuständige Behörde für Ihr Bundesland ausfindig machen.
(2) Dokumentation der Ausstattung/ Bestandsverzeichnis/Medizingerätebuch (NiSV, MPBetreibV)
Der Betreiber einer Anlage muss für seine Geräte eine Dokumentation/ein Bestandsverzeichnis erstellen und ein Medizinproduktebuch führen.
Folgendes ist zu dokumentieren:
- Angaben zur eindeutigen Identifikation der Anlage (Typ, Seriennummer, Hersteller etc.)
- Den Nachweis, dass die ordnungsgemäße Installation der Anlage geprüft worden ist.
- Einen Beleg darüber, dass die anwendende Person in die sachgerechte Handhabung der Anlage eingewiesen worden ist (Die Einweisung erfolgt durch eine Person, die über die erforderlichen gerätetechnischen Kenntnisse verfügt, in der Regel durch den Hersteller oder eine von ihm benannte Person. Betreibende oder eine dem Betrieb zugehörige Person können ebenfalls Einweisungen durchführen, wenn sie ihrerseits zuvor eine entsprechende Einweisung durch den Herstellenden oder eine von ihm benannte Person erhalten haben).
- Das Datum, an dem eine Funktionsstörung aufgetreten ist, sowie deren Art und Folge ggf. Meldung an Behörden und Herstellenden.
- Das Datum, an dem eine Kontrolle im Rahmen einer Inspektion, Instandhaltungsmaßnahme und Wartung durchgeführt worden ist. Der Name der verantwortlichen Person oder der Firma, die diese Maßnahme durchgeführt hat, sowie die entsprechenden Ergebnisse.
- Die Fristen und Prüfprotokolle der Sicherheitstechnischen Kontrollen (STK), die spätestens alle 2 Jahre ab Inbetriebnahme zu erfolgen hat.
(3) Anforderungen an die Beratung und Aufklärung der Trainierenden (NiSV)
Betreibende müssen sicherstellen, dass Trainierende von der anwendenden Person vor der (ersten) Anwendung beraten und aufgeklärt werden, insbesondere über:
- Die Anwendung und ihre Wirkungen.
- Die gesundheitliche Risiken, Kontraindikationen und Nebenwirkungen.
- Die individuelle Situation, die zur Festlegung der relevanten Anwendungsparameter führt.
- Die mögliche Notwendigkeit einer vorherigen fachärztlichen Abklärung.
Hier finden Sie ein Muster zur Erklärung des EMS-Trainings. Die individuelle Situation des Trainierenden sollte zusätzlich durch eine Anamnese erfasst werden. Ein Muster hierzu finden Sie in den Dokumentvorlagen.
Die Anwendung nichtionisierender Strahlungsquellen am Menschen birgt eine Vielzahl von gesundheitlichen Risiken und möglichen Nebenwirkungen. Diese Risiken und Nebenwirkungen sollen reduziert werden, indem durch eine Beratung auf die individuelle Situation der Person, an der nichtionisierende Strahlung angewendet werden soll, eingegangen und die geeignete Anwendung mit entsprechenden Anwendungsparametern identifiziert wird. Dabei sind Kontraindikationen und eine mögliche vorherige fachärztliche Abklärung zu berücksichtigen. Die Aufklärung soll es der Person, an der nichtionisierende Strahlung angewendet werden soll, ermöglichen, Ablauf und Folgen einer Anwendung, zwar nicht in allen Einzelheiten, aber doch in den Grundzügen zu verstehen. Durch diese Informationen soll die Person in die Lage versetzt werden, mögliche Risiken abzuschätzen, um ggf. auf dieser Grundlage eine eigenverantwortliche Entscheidung über das Ob und Wie der Anwendung zu treffen.
(4) Anforderung an die Dokumentation der Anwendung (NiSV)
Betreibende müssen sicherstellen, dass die durchgeführten Anwendungen dokumentiert werden.
Die Dokumentation muss folgendes enthalten:
- Art der Anwendung.
- Das verwendete Gerät, sowie die für die konkrete Anwendung individuell eingestellten technischen Parameter, zum Beispiel: Frequenz, Dauer, Art und Ausmaß.
- Die Funktionsfähigkeit und der ordnungsgemäße Zustand der Anlage unmittelbar vor der jeweiligen Anwendung.
- Der individuelle Behandlungsplan: Trainingsplan, Häufigkeit, Dauer und Intensität der Anwendungen.
- Bei auftretenden Nebenwirkungen oder Schäden: Ursachen oder Fehleranalyse, ergriffene Maßnahmen zur Beseitigung der Fehlerquelle – ggf. Meldung an Behörden und Herstellenden.
- Die Einverständniserklärung der behandelten Person zur Anwendung.
(5) Anforderung an die Qualifikation der Mitarbeitenden (NiSV)
Ab dem 31. Dezember 2022 dürfen gewerbliche Anwendungen zur Muskelstimulation am Menschen nur noch von Personen, die nachweislich über die erforderliche Fachkunde verfügen, durchgeführt werden. Sie ist auf dem aktuellen Stand zu halten. Hierzu ist mindestens alle fünf Jahre eine Teilnahme an Fortbildungen erforderlich. Die Fachkunde wird nachgewiesen durch die Teilnahme am Fachkunde-Modul mit insgesamt 24 Lerneinheiten (je 45 Minuten): „Elektromagnetische Felder (Niederfrequenz-, Gleichstrom oder Magnetfeldgeräte) zur Stimulation“.
Bei unserem Bildungspartner, der BSA-Akademie, ist die Voraussetzung für die Teilnahme an diesem Modul der Nachweis einer Lizenz als EMS-Trainer/in, welche sich die BSA von der Staatlichen Zentralstelle für Fernunterricht (ZFU) zertifizieren lassen hat. Zur Ausbildung zum EMS-Trainer/in werden Übungsleiterin/Übungsleiter mit einer Ausbildung von mindestens 120 Lerneinheiten zugelassen.
Der Rahmenlehrplan des Fachkunde-Moduls sieht folgende Inhalte vor:
- Physikalische Grundlagen elektrischer Ströme
- Wirkung niederfrequenter elektrischer Ströme
- Grundlagen der Technik und deren Einsatzmöglichkeiten
- Risiken und Nebenwirkungen, Kontraindikationen
- Anwendung
- Rechtliche Grundlagen (NiSV, Medizinprodukteverordnung)
- Anforderungen an den Betrieb nach NiSV
- Dokumentation nach NiSV
- Kundenberatung und Aufklärung
- Praktische Übungen unter fachärztlicher Aufsicht
- Prüfung
Die erforderliche Fachkunde kann darüber hinaus durch eine fachärztliche Weiterbildung mit der Zusatzbezeichnung „Sportmedizin“ oder durch eine Ausbildung nach dem Gesetz über die Berufe in der Physiotherapie erworben werden.
Quelle: EMS-Training.de Services GmbH