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Urlaub
Überblick
Wieviel Urlaub steht dem Arbeitnehmer zu?
Laut § 1 BUrlG hat jeder Arbeitnehmer in jedem Kalenderjahr Anspruch auf bezahlten Erholungsurlaub. Arbeitnehmer sind sowohl Arbeiter und Angestellte als auch Auszubildende und arbeitnehmerähnliche Personen. Dazu zählen somit auch 450-EURO-Kräfte und kurzfristig Beschäftigte, wenn diese mindestens einen Monat durchgehend bei Ihnen gearbeitet haben.
Den vollen Urlaubsanspruch erwirbt der Arbeitnehmer, wenn dieser bei Ihnen 6 Monate beschäftigt ist. Davor ist der Urlaub anteilig zu gewähren.
Der gesetzliche Mindesturlaub beträgt 24 Werktage (§ 3 BUrlG). Gemäß der gesetzlichen Definition in § 3 BUrlG sind Werktage alle Kalendertage, die nicht Sonn- oder Feiertage sind, also auch der Samstag. Oftmals findet sich in Arbeitsverträgen auch die Formulierung „x Arbeitstage“. Die Auswirkungen sind unterschiedlich:
Beispiel: Im Arbeitsvertrag steht, dass der Arbeitnehmer Anspruch auf 25 Arbeitstage Urlaub hat. Dies bedeutet, dass er, wenn er von Montag bis Freitag arbeitet, 5 Wochen Urlaub hat.
Im Arbeitsvertrag steht, dass der Arbeitnehmer Anspruch auf 25 Werktage Urlaub hat. Dies bedeutet, dass er, wenn er von Montag bis Freitag arbeitet, 4 Wochen und 1 Tag Urlaub hat (25:6*5=20,8 à 21 Tage).
Mindesturlaubsanspruch:
Der Mindesturlaubsanspruch richtet sich nach der Anzahl der im Arbeitsvertrag festgehaltenen Arbeitstage und nicht nach der Anzahl der Arbeitsstunden.
Bei einer 5-Tage-Arbeitswoche: mindestens 20 Tage
Bei einer 6-Tage-Arbeitswoche: mindestens 24 Tage
Bei einer kürzeren Wochenarbeitszeit reduziert sich der Urlaub entsprechend: Bei 4 Wochenarbeitstagen auf 16 Urlaubstage, bei 3 Wochenarbeitstagen auf 12, bei 2 Wochenarbeitstagen 8 und bei 1 Wochenarbeitstag auf 4 Urlaubstage im Jahr.
Merke: es sind immer mindestens 4 Wochen Urlaub pro Kalenderjahr zu gewähren.
Beispiel: Herr X arbeitet regelmäßig 3 Tage in der Woche. Berechnung des Mindesturlaubsanspruchs: 3 (Tage) x 4 (Wochen) = 12 Tage Urlaub
Die Anzahl der Arbeitstage variiert je Woche, es werden aber immer gleich viele Stunden pro Monat gearbeitet:
Dann muss ein längerer Zeitraum gewählt werden, um den Urlaubsanspruch zu berechnen, z.B. 1 Jahr
Beispiel: Herr X arbeitet im Monat 14 Tage, in der 1. Woche zum Beispiel an 4 Tagen, in der 2. an 3 Tagen, in der 3. an 5 Tagen und in der 4. an 2 Tagen. Welchen Urlaubsanspruch hat er?
Berechnung: Bei einer 6-Tage Arbeitswoche stehen dem Arbeitnehmer 24 Tage Urlaub im Jahr zu. Das Jahr hat 52 Wochen, dies entspricht 312 Arbeitstagen im Jahr.
Herr X arbeitet im Monat 14 Tage, also 168 Tage im Jahr.
24 (Urlaubstage) : 312 (Arbeitstage) x 168 (Arbeitstage) = 12,92 à 13 Urlaubstage im Jahr
Herr X hat somit Anspruch auf 13 Urlaubstage im Jahr.
Die Anzahl der Arbeitsstunden variiert je Tag, die Arbeitsstunden pro Woche sind immer gleich:
Beispiel: Herr X arbeitet insgesamt 20 Stunden pro Woche, wobei er am Montag 4 Stunden, am Dienstag 2 Stunden, am Mittwoch 3 Stunden, am Donnerstag 5 Stunden, am Freitag 4 und am Samstag 2 Stunden arbeitet. Wie viel Urlaubsanspruch hat er?
Diese Fallkonstellation ist sowohl unter Juristen als auch in der Praxis die Schwierigste – gerade für Arbeitgeber, da hier schnell Rückforderungsansprüche von Arbeitnehmern entstehen können. Die sog. herrschende juristische Meinung geht davon aus, dass trotz der ungleichen Verteilung der Arbeitszeit keine Umrechnung in Stunden zu erfolgen hat, mit dem Argument, dass das Urlaubsrecht kein Stunden-, sondern nur das Tagesprinzip kennt (BAG Urteil vom 8.5.2001, 9 AZR 240/00).
Das Prinzip, nur nach Tagen und nicht nach Stunden umzurechnen, wird nach Auffassung Anderer aber den flexiblen Arbeitszeitmodellen nicht mehr gerecht.
So müsste ein Arbeitgeber bei dem og. Beispiel am besten immer nur ganze Wochen Urlaub gewähren, um nicht zuzulassen, dass der Arbeitnehmer immer nur den Freitag , den Montag und den Donnerstag als Urlaubstag wählt, da die meisten freien Stunden dadurch erreicht werden können.
Berechnung nach dem Tagesprinzip des Bundesarbeitsgerichtes: Da die Stundenzahl unerheblich ist, werden lediglich 6 Tage in der Woche angesetzt, so dass ein Mindesturlaubsanspruch von 24 Werktagen entsteht.
Berechnung nach dem Stundenprinzip:
Da Herr X pro Tag unterschiedliche viele Stunden arbeitet, wird sein Urlaubsanspruch in Stunden ermittelt.
Herr X hat somit Anspruch auf 80 Stunden Urlaub (20 Stunden x 4 Wochen) im Jahr.
Achtung: Das Risiko, welches der Arbeitgeber bei einer Berechnung nach dem Stundenprinzip eingeht ist, dass der Arbeitnehmer möglicherweise später Nachforderungen stellt.
Wählt der Arbeitnehmer 5 mal die für ihn beste Variante : Urlaub von Donnerstag bis Montag, hat er in jeder „Woche“ nur 15 Stunden (insgesamt 75 Stunden) oder 20 Urlaubstage verbraucht. Mit den restlichen 5 Stunden kann der Arbeitnehmer aber nur noch einen (Donnerstag), höchstens 2 Tage (Dienstag und Mittwoch) Urlaub nehmen Dann wären von dem gesetzlichen Urlaubsanspruch jedoch nur 21 bzw. 22 Tage verbraucht. Der Arbeitnehmer könnte also – trotz der erreichten Stundenzahl noch einen Resturlaubsanspruch geltend machen
Es wird von Vollzeit auf Teilzeit gewechselt:
Beispiel: Herr X arbeitet vom 01.01. bis 31.08. bei Ihnen als Vollzeitkraft. In dieser Zeit hat er von seinen 24 Urlaubstagen 4 Tage genommen. Ab 01.09. arbeitet Herr X nur noch an 3 Tagen in der Woche. Wie hoch ist sein Urlaubsanspruch?
Berechnung: Der Urlaubsanspruch muss für beide Teile des Jahres getrennt ausgerechnet werden.
Herr X hat bis zum 31.08. 4 Tage seines Vollzeitanspruches von 24 Tagen genommen. Da ihm der Vollzeiturlaub nur bis zum 31.8. zustand (24:12 x 8 ) hat er 4 von den 16 Tagen, die ihm in diesem Zeitraum zustanden verbraucht – Resturlaub bis 31.8 = 12 Tage
In der zweiten Jahreshälfte September – Dezember, kann nicht mehr von einem Grundurlaubsanspruch von 24 Tagen ausgegangen werden da er nur an 3 Tagen arbeitet (24:6 Werktage x3 Arbeitstage). Er hätte für das gesamte Jahr nur einen Anspruch von 12 Arbeitstagen. Da der Anspruch aber nur für 4 Monate errechnet werden muss (12:12 Monate im Jahr x 4 Monate in Teilzeittätigkeit) bleiben noch 4 Tage Urlaub für die letzten 4 Monate. Insgesamt sind also noch 16 Resturlaubstage zu gewähren.
(Änderung der Rechtslage seit dem Urteil des BAG vom 10.02.2015, 9 AZR 53/14)
Teilurlaubsanspruch: Fängt ein/e Arbeitnehmer/in z. B. erst am 01.03. eines Jahres in Ihrem Unternehmen an, so ist dem/der Arbeitnehmer/in der Urlaub anteilig zu gewähren, und zwar für jeden vollen Monat 1/12.
Beachten Sie bitte: Bruchteile von Urlaubstagen dürfen Sie nicht abrunden. Bleibt ein Rest von mindestens einem halben Tag, so ist auf volle Urlaubstage aufzurunden. Ist der Bruchteil kleiner als 0,5 Tage, so ist der Bruchteil in Stunden auszurechnen.
Sonn- und Feiertagsarbeit:
Sonntage und Feiertage sind keine Arbeitstage. Laut § 10 ArbZG sind für bestimmte Berufsgruppen Ausnahmen möglich. Diese Ausnahmen treffen jedoch nicht auf Fitnessstudios zu.
Mindestens 15 Sonntage im Jahr müssen beschäftigungsfrei bleiben (§11 ArbZG). Werden Arbeitnehmer/innen an einem Sonntag bzw. Feiertag beschäftigt, muss ihnen ein Ersatzruhetag gewährt werden und zwar
- für einen Sonntag ein Ersatzruhetag innerhalb von 2 Wochen (§ 11 ArbZG)
- für einen Feiertag ein Ersatzruhetag möglichst unmittelbar in Verbindung mit einer Ruhezeit nach § 5 ArbZG
Minderjährige: Ist Ihr/e Auszubildende/r jünger als 18 Jahre, so besteht nach dem Jugendarbeitsschutzgesetz ein erhöhter Urlaubsanspruch. Nach § 19 beträgt der jährliche Urlaub
- wenn der Jugendliche zu Beginn des Kalenderjahrs noch nicht 16 Jahre alt ist, mindestens 30 Werktage
- wenn der Jugendliche zu Beginn des Kalenderjahrs noch nicht 17 Jahre alt ist, mindestens 27 Werktage und
- wenn der Jugendliche zu Beginn des Kalenderjahrs noch nicht 18 Jahre alt ist, mindestens 25 Werktage.
Wer darf den Urlaub festlegen?
Urlaub soll der Erholung dienen. Aus diesem Grund sollte er auch zusammenhängend gewährt werden. Ist dies aus betrieblichen oder persönlichen Gründen nicht möglich, so ist nach § 7 Abs. 2 BUrlG aber, wenn der Urlaubsanspruch 12 Werktage überschreitet, ein Teilurlaub von mindestens 12 aufeinanderfolgenden Werktagen zu gewähren.
Der Arbeitgeber hat letztendlich über die Erteilung des Urlaubs zu entscheiden. Jedoch sollte er die Wünsche des/der Arbeitnehmers/in berücksichtigen. Die Mitarbeiter haben den Urlaub bei Ihnen zu beantragen. Sie können sich nicht selbst beurlauben, dies wäre ein Kündigungs- zumindest aber ein Abmahnungsgrund.
Berufsschülern sollte ihr Urlaub möglichst in den Berufsschulferien genehmigt werden.
Nur in zwei Fällen ist die Ablehnung des Urlaubs möglich:
- dringende betriebliche Belange
- Urlaubswünsche anderer Mitarbeiter, die unter Berücksichtigung sozialer Gesichtspunkte Vorrang haben
Betriebsferien:
Über einen Teil des Urlaubes Ihrer Mitarbeiter (höchstens 2/5) können Sie im Rahmen von angeordneten Betriebsferien bestimmen. Sollte es bei Ihnen einen Betriebsrat geben, so hat dieser ein zwingendes Mitbestimmungsrecht.
Betriebsferien sollten Sie Ihren Mitarbeitern rechtzeitig mitteilen. Was rechtzeitig ist, ist nicht definiert und muss im Streitfall vom Gericht entschieden werden. Die Zeit, in der ein Betrieb komplett ruht, sollte sicherheitshalber den Mitarbeitern immer vor Beginn des jeweiligen Urlaubsjahres mitgeteilt werden, um eine gewisse Planungssicherheit für die Arbeitnehmer zu gewährleisten.
Ist einer Ihrer Mitarbeiter mit der Regelung nicht einverstanden, so muss er vor dem Arbeitsgericht klagen.
Bis wann muss der Urlaub genommen werden?
Prinzipiell muss der Urlaub im laufenden Kalenderjahr genommen werden, ansonsten verfällt er. Wenn aus dringenden betrieblichen Gründen oder aus Gründen, die in der Person Ihres/r Mitarbeiters/in liegen, der Urlaub nicht genommen werden konnte, so müssen Sie die nicht erfüllten Urlaubsansprüche in das nächste Jahr übertragen. Nach § 7 Abs.3 S. 3 BUrlG müssen Sie die übertragenen Urlaubsansprüche nur bis zum 31.03. des folgenden Kalenderjahres gewähren.
Konnten Ihre Mitarbeiter bis jetzt ohne Antrag den Urlaub mit in das neue Kalenderjahr übernehmen und brauchten diesen auch nicht bis zum 31.03. des neuen Kalenderjahres „verbrauchen“, so könnte eventuell eine betriebliche Übung bestehen. Sie können in diesem Fall nicht auf einmal festlegen, dass der Urlaub nur auf Antrag in das nächste Jahr übernommen werden kann.
Aber Achtung: Diese gesetzliche Regelung wurde durch den europäischen Gerichtshof gekippt. Er vertritt die Ansicht, dass dauerhaft kranken Arbeitnehmern wenigstens der nach EU-Recht geltende Mindesturlaub von 4 Wochen erhalten bleiben muss. Sowohl der EuGH als auch das Bundesarbeitsgericht haben dies inzwischen soweit eingeschränkt, als dass der wegen Krankheit nicht genommene Urlaub 15 Monate lang nicht verfallen kann (BAG, 07.08.2012, 9 AZR 353/10). Das bedeutet, dass der Urlaub des aktuellen Jahres zum 31. März des übernächsten Jahres verfällt.
Häufige Fragen
Mein/e Mitarbeiter/in ist während seines/ihres Urlaubs erkrankt. Was muss ich beachten?
Wenn einer ihrer Mitarbeiter während des Urlaubs erkrankt und Ihnen eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vorlegt, so müssen Sie ihm die Urlaubstage gutschreiben.
Ein Mitarbeiter kündigt sein Arbeitsverhältnis bzw. Sie lösen das Arbeitsverhältnis auf. Wie hoch ist der Urlaubsanspruch?
Erfolgt die Beendigung des Arbeitsverhältnisses im ersten Halbjahr, so ist der Urlaub anteilig zu gewähren und zwar pro Beschäftigungsmonat 1/12 des Urlaubsanspruches.
Erfolgt die Beendigung im zweiten Halbjahr, so kann der komplette Urlaub genommen werden.
Stellen Sie Ihrem/Ihrer Mitarbeiter/in eine Bescheinigung aus, aus welcher hervorgeht, wie viele Urlaubstage in dem Kalenderjahr bereits genommen worden sind. So kann der neue Arbeitgeber errechnen, wie viel Urlaub der betreffenden Person für das Jahr noch zu gewähren ist.
Der Urlaub wurde bereits angetreten, kann ich meinen Angestellten aus dem Urlaub zurückholen?
Nein. Befindet sich der Mitarbeiter im Urlaub, egal ob zu Hause oder anderswo, dürfen Sie ihn nicht aus dem Urlaub zurückholen (BAG 20.6.00, 9 AZR 404 u. 405/99).
Auch wenn bereits Urlaub genehmigt aber noch nicht angetreten worden ist, können Sie den Urlaub nicht widerrufen (vgl. BAG 29.1.60, AP Nr. 12 zu § 123 GewO). In einer Notfallsituation könnte die Treuepflicht des Arbeitnehmers zu einer Verschiebung oder Änderung des Urlaubs führen. Eine Einigung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer ist anzustreben.
Kann Urlaub abgegolten werden?
Der Urlaub dient der Erholung und kann somit nicht abgegolten werden.
Ausnahme: Der Urlaub kann nicht genommen werden, da eine Kündigung erfolgte. In diesem Fall muss der Arbeitgeber den dem Arbeitnehmer noch zustehenden Urlaub ausbezahlen.
Urteile
Datum: 22. März 2012
Gericht: LAG Hamm
Entscheidungsart: Urteil
Aktenzeichen: 16 Sa 1176/09
Vorinstanzen:ArbG Dortmund, 4 Ca 1334/09, EuGH, Urteil vom 22.11.2011, Az. C-214/10
Abgeltung von Urlaubsansprüchen bei langjähriger Erkrankung
Einer Entscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union folgend, entschied das Landesarbeitsgericht Hamm, dass ein Arbeitnehmer bei langjähriger Arbeitsunfähigkeit seinen Urlaub nicht unbegrenzt ansammeln kann, sondern die Abgeltung von Urlaubsansprüchen auf einen Übertragungszeitraum von 15 Monaten begrenzt werden darf.
Der schwer behinderte Kläger des zugrunde liegenden Streitfalls war in der Zeit vom 1. April 1964 bis zum 31. August 2008 im Dortmunder Betrieb der Beklagten als Schlosser beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis findet der Einheitliche Manteltarifvertrag für die Metall- und Elektroindustrie Nordrhein-Westfalen vom 18. Dezember 2003 (im Folgenden: EMTV) Anwendung. Der Kläger war zunächst seit dem 23. Januar 2002 arbeitsunfähig krank und bezog ab dem 1. Oktober 2003 jeweils befristet eine Rente wegen voller Erwerbsminderung. Das Arbeitsverhältnis wurde zum 31. August 2008 durch Aufhebungsvereinbarung beendet.
LAG legt EuGH Frage zur Zulässigkeit der Ansammlung von Urlaub bei langjähriger Arbeitsunfähigkeit vor
Am 18. März 2009 reichte der Kläger beim Arbeitsgericht Dortmund Klage auf Abgeltung seines Urlaubs für die Jahre 2006, 2007 und 2008 in Höhe von jeweils 35 Arbeitstagen ein. Das Arbeitsgericht sprach dem Kläger die Abgeltung des gesetzlichen Mindesturlaubsanspruchs von 60 Arbeitstagen und des Schwerbehindertenurlaubs von 15 Arbeitstagen für die Jahre 2006, 2007 und 2008 zu. Im Berufungsverfahren legte das Landesarbeitsgericht Hamm dem Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) die Frage vor, ob Urlaubsansprüche für langjährig arbeitsunfähige Arbeitnehmer angesammelt werden können oder ob sie zeitlich befristet sind.
EuGH erklärt Begrenzung des Ansammelns von Urlaubsansprüchen auf einen Übertragungszeitraum von 15 Monaten für zulässig
Das Gericht hatte daran Zweifel, ob der Zweck des Urlaubsanspruchs die Ansammlung von Urlaubsansprüchen über viele Jahre erfordert. Mit Urteil vom 22. November 2011 entschied der Gerichtshof der Europäischen Union, dass Artikel 7 I. der Richtlinie 2003/88/EG des Europäischen Parlaments und des Rates dahingehend auszulegen ist, dass er einzelstaatlichen Rechtsvorschriften wie Tarifverträgen, die das Ansammeln von Ansprüchen auf bezahlten Jahresurlaub aus vergangener Zeit auf einen Übertragungszeitraum von 15 Monaten beschränken, nicht entgegensteht.
LAG: Urlaub ist für 15 Monate abzugelten
Der Entscheidung des EuGH folgend, verurteilte das Landesarbeitsgericht die Beklagte daraufhin, für 15 Monate den Urlaub abzugelten und wies im Übrigen die Klage ab. Nach dem Urteil des EuGH ist der § 11 Abs. Unterabs. 3 des EMTV, der einen Übertragungszeitraum von 15 Monaten bei Krankheit vorsieht, nicht zu beanstanden und verstößt nicht gegen Europarecht.
Kläger durfte Ansprüche über 3-Monats-Frist hinaus geltend machen
Entgegen der Ansicht der Beklagten war der Kläger auch berechtigt, die Ansprüche noch geltend zu machen, obwohl er die im EMTV geregelte 3-Monats-Frist nach Fälligkeit nicht eingehalten hat. Denn dieser Tarifvertrag hat die Besonderheit, dass diese Frist nicht gilt, wenn der Arbeitnehmer trotz Anwendung der nach Lage der Umstände zuzumutenden Sorgfalt gehindert war, die Frist einzuhalten. Dieser Fall war hier anzunehmen, weil zum Zeitpunkt der Fälligkeit der Ansprüche des Klägers nach der einschlägigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts solche Ausschlussfristen für Urlaubsansprüche noch keine Anwendung fanden und der Kläger zum damaligen Zeitpunkt die Frist gar nicht einhalten musste.
Zum Urteil des Europäischen Gerichtshofs gelangen Sie über diesen Link:
Datum: 11.04.2000
Gericht: BAG
Entscheidungsart: Urteil
Aktenzeichen: 9 AZR 266/99
Das BAG hat entschieden, dass zur Berechnung der Höhe des Urlaubsgeldes vom Arbeitnehmer erhaltene Provisionen mit zu berücksichtigen sind. Das Urlaubsgeld berechnet sich aus dem Durchschnittsgehalt der letzten 13 Wochen vor Antritt des Urlaubs, wozu auch Provisionen zählen, da sie Teil des Lohnes sind.
Datum: 06.04.2014
Gericht: BAG
Entscheidungsart: Urteil
Aktenzeichen: 9 AZR 678/12
Nach § 1 des Bundesurlaubsgesetzes (BUrlG) hat jeder Arbeitnehmer in jedem Kalenderjahr Anspruch auf bezahlten Erholungsurlaub. Diese Vorschrift ist nach § 13 Abs. 1 Satz 1 und Satz 3 BUrlG unabdingbar. Die Entstehung des gesetzlichen Urlaubsanspruchs erfordert nur den rechtlichen Bestand des Arbeitsverhältnisses und die einmalige Erfüllung der Wartezeit. Das BUrlG bindet den Urlaubsanspruch damit weder an die Erfüllung der Hauptpflichten aus dem Arbeitsverhältnis noch ordnet es die Kürzung des Urlaubsanspruchs für den Fall des Ruhens des Arbeitsverhältnisses an. Allerdings sehen spezialgesetzliche Regelungen für den Arbeitgeber die Möglichkeit der Kürzung des Urlaubs bei Elternzeit (§ 17 Abs. 1 Satz 1 BEEG) oder Wehrdienst (§ 4 Abs. 1 Satz 1 ArbPlSchG) vor. Eine Kürzungsregelung beim Ruhen des Arbeitsverhältnisses während einer Pflegezeit (§§ 3, 4 PflegeZG) findet sich dagegen nicht. Kommt es zum Ruhen des Arbeitsverhältnisses aufgrund einer Vereinbarung der Arbeitsvertragsparteien, hindert dies grundsätzlich weder das Entstehen des gesetzlichen Urlaubsanspruchs noch ist der Arbeitgeber zur Kürzung des gesetzlichen Urlaubs berechtigt.
Die Klägerin war bei der beklagten Universitätsklinik seit August 2002 als Krankenschwester beschäftigt. Vom 1. Januar 2011 bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses mit Ablauf des 30. September 2011 hatte sie unbezahlten Sonderurlaub und verlangte danach erfolglos von der Beklagten die Abgeltung von 15 Urlaubstagen aus dem Jahr 2011. Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen, das Landesarbeitsgericht hat ihr stattgegeben.
Die Revision der Beklagten hatte vor dem Neunten Senat des Bundesarbeitsgerichts keinen Erfolg. Der von den Parteien vereinbarte Sonderurlaub stand dem Entstehen des gesetzlichen Urlaubsanspruchs zu Beginn des Kalenderjahres 2011 nicht entgegen. Er berechtigte die Beklagte auch nicht zur Kürzung des gesetzlichen Urlaubs.
Bundesarbeitsgericht
Urteil vom 6. Mai 2014 – 9 AZR 678/12 –
Vorinstanz: Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg
Urteil vom 15. Mai 2012 – 3 Sa 230/12 –
Quelle: juris.bundesarbeitsgericht.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py
Datum: 12.06.2014
Gericht: EUGH
Entscheidungsart: Urteil
Aktenzeichen: C 118/13
Der Anspruch eines Arbeitnehmers auf bezahlten Jahresurlaub geht mit seinem Tod nicht unter
Das Unionsrecht steht einzelstaatlichen Rechtsvorschriften oder Gepflogenheiten entgegen, die für den Fall des Todes des Arbeitnehmers die Abgeltung für nicht genommenen bezahlten Jahresurlaub ausschließen
Die Richtlinie über die Arbeitszeitgestaltung1 sieht vor, dass jeder Arbeitnehmer Anspruch auf einen bezahlten Mindestjahresurlaub von vier Wochen hat und dass dieser Urlaub außer bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht durch eine finanzielle Vergütung ersetzt werden darf. Herr Bollacke war vom 1. August 1998 bis zu seinem Tod am 19. November 2010 bei dem Unternehmen K+K beschäftigt.
Von 2009 bis zu seinem Tod war er aufgrund einer schweren Erkrankung mit Unterbrechungen arbeitsunfähig. Bis er starb hatte er 140,5 Tage offenen Jahresurlaub angesammelt.
Die Witwe von Herrn Bollacke forderte von K+K eine Abgeltung für den von ihrem Ehegatten nicht genommenen Jahresurlaub. Das Unternehmen wies die Forderung zurück und äußerte Zweifel an der Vererbbarkeit der Abgeltung.
Das mit der Sache befasste Landesarbeitsgericht möchte vom Gerichtshof wissen, ob das Unionsrecht einzelstaatliche Rechtsvorschriften oder Gepflogenheiten gestattet, wonach im Fall der Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch den Tod des Arbeitnehmers der Anspruch auf bezahlten Jahresurlaub ohne Begründung eines Abgeltungsanspruchs für nicht genommenen Urlaub untergeht. Ferner möchte es wissen, ob eine solche Abgeltung von einem Antrag des Betroffenen im Vorfeld abhängt.
In seinem heutigen Urteil erinnert der Gerichtshof daran2, dass der Anspruch auf bezahlten Jahresurlaub ein besonders bedeutsamer Grundsatz des Sozialrechts ist und dass die Ansprüche auf Jahresurlaub und auf Bezahlung während des Urlaubs zwei Aspekte eines einzigen Anspruchs darstellen.
Der Gerichtshof hat bereits entschieden, dass der Arbeitnehmer, wenn das Arbeitsverhältnis geendet hat, Anspruch auf eine Vergütung hat, um zu verhindern, dass ihm jeder Genuss des Anspruchs auf Urlaub vorenthalten wird3. Das Unionsrecht steht einzelstaatlichen Rechtsvorschriften oder Gepflogenheiten entgegen, nach denen dem Arbeitnehmer am Ende des Arbeitsverhältnisses keine finanzielle Vergütung geschuldet wird, obwohl er krankheitsbedingt nicht in den Genuss seines bezahlten Jahresurlaubs kommen konnte.
Der Gerichtshof betont, dass der Begriff des bezahlten Jahresurlaubs bedeutet, dass für die Dauer des Jahresurlaubs das Entgelt des Arbeitnehmers fortzuzahlen ist.
Ein finanzieller Ausgleich im Fall der Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch den Tod des Arbeitnehmers stellt die praktische Wirksamkeit des Urlaubsanspruchs sicher. Der unwägbare Eintritt des Todes des Arbeitnehmers darf nicht rückwirkend zum vollständigen Verlust des Anspruchs auf bezahlten Jahresurlaub führen.
Der Gerichtshof stellt deshalb klar, dass das Unionsrecht einzelstaatlichen Rechtsvorschriften oder Gepflogenheiten entgegensteht, wonach der Anspruch auf bezahlten Jahresurlaub ohne Begründung eines Abgeltungsanspruchs für nicht genommenen Urlaub untergeht, wenn das Arbeitsverhältnis durch den Tod des Arbeitnehmers endet.
Er stellt weiter fest, dass diese Abgeltung nicht davon abhängt, dass der Betroffene im Vorfeld einen Antrag gestellt hat.
1 Richtlinie 2003/88/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4. November 2003 über bestimmte Aspekte der Arbeitszeitgestaltung (ABl.L 299, S. 9).
2 Urteil des Gerichtshofs vom 20. Januar 2009, Schultz-Hoff u. a. (verbundene Rechtssachen C-350/06 und C-520/06; siehe auch Pressemitteilung Nr. 4/09).
3 Urteil des Gerichtshofs vom 3. Mai 2012, Neidel (Rechtssache C-337/10, siehe auch Pressemitteilung Nr. 57/12).
Quelle: http://curia.europa.eu/jcms/upload/docs/application/pdf/2014-06/cp140083de.pdf